Knapp 110 Minuten virtuelle WWDC-Keynote gestern Abend.
Und die meisten Beobachter waren sich einig: Eine halbe Stunde weniger hätte es auch getan. Apple-CEO Tim Cook, Software-Chef Craig Federighi und eine Heerschar von Kollegen (darunter ein deutscher Entwickler mit kräftigem Teutonen-Akzent) haben viel Interessantes präsentiert, und auch Banales.
Wir haben in unserem iTopnews-Kommentar Tops und Flops von der Keynote zusammengestellt.
Top: Die vorab aufgezeichnete Show erinnerte mit schnellen Schnitten und Hollywood-reifer Musik teilweise eher an einen Actionfilm als an eine klassische Keynote. Mir persönlich hat die sehr moderne Machart Spaß gemacht, dem Kollegen Michael weniger. Er vermisste den Live-Charakter. Top war auf jeden Fall, wie Tim Cook gleich zu Beginn auf die Themen Rassismus, Gleichheit und Gerechtigkeit eingegangen ist: „Wir müssen uns alle noch mehr anstrengen, um eine Zukunft zu erschaffen, die unseren Idealen gerecht wird.“ Cook ist und bleibt ein CEO, dessen Engagement für diese Werte überaus glaubwürdig ist.
Top: Die Neuheiten für iOS 14 auf dem iPhone klingen vielversprechend. Besseres Anordnen von Apps, endlich Homescreen-Widgets (die Android längst hat), einfachere Navigation in Messages, die neuen „App Clip“-Häppchen, das iPhone als Autoschlüssel – alles keine Revolution, aber nützliche Modellpflege, die iOS frisch halten.
Flop: Bessere Navigation in Fotos und Musik, Suchen und Telefonieren nicht mehr bildschirmfüllend, und neue Handschrift-Funktionen für den Pencil. Was sich Apple für iPadOS 14 ausgedacht hat, klingt bisher enttäuschend. So viel Spaß das iPad auch zum Konsumieren von Medien macht – als tägliches Arbeitswerkzeug für Profis, als echte Alternative zum Mac, taugt das Tablet ohne längst überfällige Funktionen wie Dateiverwaltung oder Finder nach wie vor nicht.
Top: Die AirPods Pro mit Surround-Sound, mit Rundum-Klang wie im Kino – das klingt vielversprechend! Wir sind gespannt aufs Probehören.
Flop: WatchOS 7 mit Zifferblättern zum Teilen, mit Tanz-Workouts und Schlaftracker – an dieser Stelle wurde die Keynote erstmals so richtig zäh. Wobei: Die Händewasch-Kontrolle finden wir klasse.
Top: In Sachen Datenschutz ist Apple ohnehin meist vorbildlich unterwegs. Neue Funktionen wie das „ungefähre Teilen“ eines Standorts oder die Datenschutz-Übersicht einer Website oder einer App im Stil einer Nährwert-Tabelle bauen den Vorsprung auf die Konkurrenz weiter aus. Gut so!
Flop: Spiele mit Multi-User-Support und „Bild in Bild“-Funktion beim Workout – die Entwickler von tvOS 14 haben zuletzt offenbar eher eine ruhige Kugel geschoben. Und eine einzige Ankündigung für 2021, die Sci-Fi-Serie „Foundation“, werden Apple TV+ auch nicht relevanter als bisher machen.
Flop: Apple hat im neuen macOS „Big Sur“ an Icons, Menübalken und Systemsounds gebastelt. Aber wirklich beeindruckt hat uns das angeblich größte Design-Update seit dem Start von OS X nicht. Erstmals ein Control Center wie in iOS, erstmals Übersetzungen von Websites direkt in Safari – alles nett, alles hübsch, alles nicht weltbewegend.
Top: Schnellere Rechner mit weniger Stromverbrauch – wie Apple auf dem Mac den Umstieg von Intel-Chips auf seine eigenen ARM-Prozessoren angeht, ist beeindruckend. Und es macht Hoffnung, dass der Wechsel diesmal schmerzfreier abläuft als 2006 vom PowerPC zu Intel. Die Umstellung einer bisherigen Intel-App auf die neue Hardware soll die Entwickler nur wenige Tage kosten. Es gibt Universal-Apps, die auf beiden Plattformen funktionieren. Bestehende Apps laufen mit der Emulations-Software „Rosetta 2“ schnell und problemlos. Erste Demos von Office und Photoshop laufen bereits absolut flüssig. Und künftig funktionieren auch Apps von iPhone und iPad auf dem Mac. Das klingt alles top. Was Apple „an diesem historischen Tag für den Mac“ (Tim Cook) zur Umstellung aufs eigene Silikon gezeigt hat, war (neben iOS 14) die beste Ankündigung des Abends. Der erste ARM-Mac soll noch Ende 2020 kommen, 2021 und 2022 erhalten dann alle Rechner die neue Hardware. Wir freuen uns seit gestern Abend drauf!