Nach über einer Stunde (recht zäher) WWDC-Keynote hat Tim Cook gestern Abend endlich sein „One more Thing“ ausgepackt, auf das alle gewartet haben.
Die erste VR-Datenbrille von Apple heißt „Vision Pro“ – und nicht, wie erwartet, „Reality Pro“. Zumindest diese Überraschung ist Apple also gelungen. Ansonsten war der Eindruck vom „Gesichts-Computer“ eher zwiespältig. Und es gibt schlechte Nachrichten: Das Apple-Headset kommt später als erwartet, und es wird noch teurer als zuvor spekuliert.
Start erst Anfang 2024
Statt für 3.000 Dollar Ende 2023 erscheint das Virtual-Reality-Headset erst Anfang 2024 – und zwar für satte 3.499 Dollar zunächst nur in den USA. Tim Cook war euphorisch, er schwärmte vom „fortschrittlichsten elektronischen Gerät aller Zeiten“. Die Börse reagierte weniger begeistert, die Apple-Aktie rauschte noch während der Präsentation von 184 Dollar auf 179 Dollar nach unten. Die Euphorie von Steve Jobs’ iPhone-Vorstellung 2007 löst die Vision Pro erstmal nicht aus.
Die Brille zum Durchgucken
Die Datenbrille erinnert zunächst an eines der bisher überschaubar erfolgreichen Headsets von Meta oder Sony – aber natürlich mit den Apple-Gags und der Qualität von Hard- und Software, die man aus Cupertino gewohnt ist. Die Leistung der Apple-Ingenieure ist sicherlich grandios. Spektakulärste Funktion: Wenn man mit der Brille zum Beispiel auf der Couch sitzt, erscheinen die Augen des Trägers per Kameraübertragung auf dem äußeren Bildschirm der Brille – und das Gegenüber kann einem ins Gesicht schauen. Das soll VR-Nerds weniger isoliert erscheinen lassen.
Mit der Brille können Nutzer quasi auf einer riesigen Kinoleinwand vor ihren Augen Filme und Serien sehen – oder eine Sportübertragung auf mehreren Screens samt Datenmonitoren bestaunen. Wer auf seinen Mac-Bildschirm schaut, kann das Display automatisch auf ein Riesenformat vor seinen Augen vergrößern. FaceTime-Telefonate werden dreidimensional, und alles lässt sich durch Augen, Hände und Stimme bedienen. Die Bilder schweben dabei in der realen Umgebung des Nutzers statt in einer rein virtuellen Welt. „Vision Pro vermischt das Reale und das Digitale“, beschreibt Tim Cook diese „Mixed Reality“.
Lieber mit Analog-Papa?
In einem Clip zeigte Apple, wie ein Vater auf dem Kindergeburtstag mit der Brille auf dem Kopf seine Kinder in 3D filmte. Das wirkte dann eher gruselig – und warf die Frage auf: Würden die Kids nicht lieber mit ihrem echten Analog-Papa feiern, statt mit einem Virtual-Reality-Nerd? Die Möglichkeiten der Vision Pro sind sicherlich spannend, und man muss sie wahrscheinlich live erleben. Aber angesichts der eher skurrilen Bilder von Menschen mit Taucherbrille auf dem Kopf, die Apple gestern zeigte, stellt sich mehr denn je die Frage: Wer will sich so eine Gerätschaft allen Ernstes auf den Kopf setzen? Und wer kauft die erste Generation für gut 4.000 Euro – statt ganz entspannt abzuwarten, wie sich die Technik weiter entwickelt?
Mac Pro bis zu 14.519 Euro
Bodenständiger und realistischer wirken da die neuen Macs, die Apple gestern präsentierte. Das MacBook Air gibt es jetzt auch in 15,3 Zoll – für alle, die ein günstigeres, leichteres Apple-Notebook (1.510 Gramm) und trotzdem viel Platz auf dem Bildschirm wollen. Zum Vergleich: Das 16 Zoll große MacBook Pro ist mit 2.150 Gramm deutlich schwerer. Ab 1.599 Euro ist das 15-Zoll-Air mit M2-Chip „nur“ 400 Euro teurer als das technisch deutlich schwächere 13-Zoll-Modell mit M1. Diese Investition könnte sich für viele lohnen.
Den Mac Studio gibt es jetzt mit M2 Max (ab 2.399 Euro) und M2 Ultra (ab 4.799 Euro). Wem das nicht reicht: Der neue Mac Pro kommt ab 8.299 Euro grundsätzlich mit M2 Ultra, mit bis zu 76-Core-GPU – und mit Leistungsdaten für Hollywood-Regisseure. Die neuen M2-Ultra-Rechner können bis 22 8K-Videostreams gleichzeitig wiedergeben. Wir haben den Konfigurator angeworfen: Wer alles ausreizt, zahlt für den Mac Pro 14.519 Euro. Dafür gibt’s dann auch einen Kleinwagen – oder knapp vier Apple-Brillen.