Das EU-Parlament hat vor wenigen Minuten wichtige Beschlüsse gefasst.
Sie haben langfristig auch große Auswirkungen auf Apple, seine Geschäftspraxis und Euch als Kunden. Doch der Reihe nach. Wir erklären Euch was beschlossen wurde und wie hart die Auswirkungen auf Apple wirklich sind.
Was ist der Digital Markets Act (DMA)?
So wurde zum einen der „Digital Markets Act“ (DMA) verabschiedet. Der Digital Markets Act, kurz: DMA, ist ein Kartellgesetz für Tech-Firmen. Es soll den Wettbewerb stärken und Vorteile der mächtigsten Konzerne zurückfahren. Profitieren sollen Start-ups, die sich im Wettbewerb fairer stellen können. Die Definition des DMA trifft auch auf Apple zu. Sowie auf ähnliche Großkonzerne wie Amazon, Facebook, Microsoft oder Google.
Wie werden Verstöße gegen die DMA angeahndet?
Verstößt ein Unternehmen gegen den DMA, drohen bei Verstößen Geldstrafen von bis zu 10 Prozent des weltweiten (nicht des europäischen!) Jahresumsatzes. Bei wiederholten Verstößen können die Strafen bis zu 20 % des Umsatzes betragen.
Was kommt speziell auf Apple zu?
- Apple wird dazu verpflichtet, Entwicklern die Nutzung von Zahlungsplattformen Dritter zu gestatten.
- Unternehmen wie Apple können gezwungen werden, konkurrierende App-Stores oder das Side-Loading von iOS-Apps (also das direkte Installieren von Entwickler-Websites) zuzulassen.
- Während in den USA entschieden wurde, Apple habe „keine marktbeherrschende Stellung beim App-Verkauf“, sehen das die EU-Parlamentarier anders: In Europa seien iOS-Apps der relevanteste Markt, Apple habe in Europa ein 100-prozentiges Monopol auf deren Verkauf und Vertrieb. Es gebe für Entwickler keine Möglichkeit, eine iOS-App auf den Markt zu bringen, ohne sie über den App Store zu verkaufen.
- Der DMA legt fest, dass es für neue Messaging-Apps einfacher sein muss, mit den etablierten Apps zu konkurrieren. Ziel: iMessage muss auch Messages von Android, WhatsApp, Telegram, Signal &. Co.anzeigen und mit diesen interoperabel sein. Heißt z.B.: Schickt Euch ein Signal-User eine Nachricht, muss sie in iMessage zu lesen und zu beantworten sein.
Die EU-Gesetzgeber haben sich darauf geeinigt, dass die großen Messaging-Apps, die in Europa verfügbar sind, sich für kleinere Messaging-Plattformen öffnen und mit diesen interagieren müssen. Mit anderen Worten: Europa möchte, dass ein iMessage- oder WhatsApp-Benutzer Nachrichten an einen Signal-Benutzer oder an jede andere denkbare Kombination von Apps senden kann.
Hat Apple überhaupt noch Chancen, ungeschoren davon zu kommen?
Noch lässt die Ausformulierung des neuen Raum für Interpretationen. Dass Apple Entwicklern künftig Zahlungsplattformen von Drittanbietern erlauben muss und auch auf alternative Zahlungsoptionen, etwa für Abos, hinweisen muss, gilt als gesichert.
Gleichfalls gilt die Öffnung von iMessage – zu sagen wir – 95 Prozent als sicher. Unklar ist noch die Umsetzung von alternativen App Stores.
Das größte Problem der EU ist Apples Vorteil
Klar ist schon jetzt, dass die EU gar nicht über genügend Ressourcen für die Durchsetzung des neuen Gesetzes verfügt. Daher wurde nun eine erste Task-Force ins Leben gerufen. Die Eingreiftruppe zur Kontrolle besteht aber nur aus 80 Mitarbeitern. Urlaube, Krankheiten, freie Tage: Insider sprechen von einer Minimalbesetzung. Der Aufwand ist deutlich höher als die Man-Power, die die EU bereitstellt.
Und was ist das neue Gesetz über digitale Dienste (DSA)?
DSA, das neue Gesetz über digitale Dienste, wurde soeben ebenfalls vom EU-Parlament durchgewunken.
Das DSA wurde erdacht, um EU-Bürger besser vor Desinformation, Hassrede oder illegalen Dienstleistungen zu schützen. Dazu will die EU auch Apple, Facebook, Google und Co. stärker regulieren. Kommen soll ein Meldeverfahren, mit dem illegale Inhalte im Internet schneller entfernt werden können. Nutzer müssen aber unter Beachtung der Meinungsfreiheit vorher darüber informiert werden. Sie können die Entscheidung dann anfechten.
Weiter umfasst das DSA u.a.:
- neue Maßnahmen zur Bekämpfung illegaler Online-Inhalte
- mehr Rückverfolgbarkeit und Kontrollen von Händlern auf Online-Marktplätzen
- mehr Transparenz und Rechenschaftspflicht der Plattformen, das betrifft z.B. Empfehlungssysteme
- ein Verbot irreführender Praktiken und bestimmter Arten gezielter Werbung
- dazu gehört Werbung für Kinder
- ebenfalls eingeschlossen: Werbung auf der Grundlage sensibler Daten
- Dark Patterns werden verboten
- Auch verboten: irreführende Praktiken zur Manipulation von Usern
Ab wann sind DMA und DSA gültig?
Nachdem der EU-Rat die beiden Gesetze im Juli (DMA) und im September (DSA) offiziell angenommen hat, werden die Einzelheiten im EU-Amtsblatt veröffentlicht. 20 Tage nach der Veröffentlichung treten sie in Kraft. Danach ist das Gesetz unmittelbar anwendbar. Es hat eine Laufzeit von 15 Monaten. Frühester Startschuss ist der 1. Januar 2024.
Für die Tech-Riesen und die großen Online-Portale gilt das Gesetz vier Monate, nachdem sie von der Kommission als Gatekeeper eingestuft wurden.
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