Apples Online-Event „Time flies“ ist gelaufen – und iTopnews-Autor Jörg Heinrich zieht Bilanz.
Sagen wir mal so: Wenn Historiker irgendwann auf die spannendsten und spektakulärsten Präsentationen der Apple-Geschichte zurückblicken – dann wird das „Time flies“-Event von gestern Abend eher nicht dazuzählen. Und vermutlich hätte Apple die Weltpresse auch ohne Corona nicht Mitte September ins Steve Jobs Theatre nach Cupertino eingeladen, nur um zwei (eineinhalb) neue Modelle der Watch und zwei neue iPads zu präsentieren.
Aber 2020 ist alles anders. Und weil das iPhone 12 noch warten muss, stellte Apple gestern in einer adrett gemachten, einstündigen Videoshow à la WWDC wenigstens einige solide Updates vor – für die in normalen Zeiten aber auch ein paar Pressemitteilungen genügt hätten. Gestern war das Motto statt „One more thing“ eher „No more thing“. Recht viel mehr war aber auch nicht zu erwarten. Apple-Fans sollten nicht zu enttäuscht sein. „Time flies“ war eher ein aus der Not geborenes Vorprogramm für die Präsentation des iPhone 12 in den nächsten Wochen – bis zu der die Zeit nun hoffentlich schnell verfliegt.
Watch
Die neue Watch Series 6 misst jetzt per Infrarot die Sauerstoffsättigung im Blut. Im Always-On-Modus leuchtet das Display zweieinhalb Mal heller als bisher. Der neue S6-Chip soll 20 Prozent schneller laufen als der Vorgänger S5. Und es gibt (tatsächlich sehr schicke) neue Alu-Gehäuse in rot und blau. Mit diesen behutsamen Updates erfindet Apple die Watch garantiert nicht neu. Es perfektioniert aber das Erfolgsrezept, und baut seinen ohnehin enormen technischen Vorsprung auf die Konkurrenz von Samsung, Huawei & Co. noch weiter aus. Auch das Apple-Pferd springt nicht höher, als es muss.
Top ist die neue Family-Funktion in watchOS 7, mit der Ältere oder auch Kinder die Watch endlich ohne eigenes iPhone nutzen können. Eine interessante Nachricht für Käufer in Deutschland ging beinahe unter. Während die günstigste Watch Series 5 letztes Jahr noch 449 Euro kostete, sind es jetzt (auch dank gesunkener Mehrwertsteuer) „nur noch“ 418,15 Euro – ein willkommener kleiner Rabatt. Dafür kommt die Series 6 als Öko-Feature erstmals „mit ohne Netzteil“. Aber das hat ohnehin schon jeder zuhause. Die neue Spar-Uhr Watch SE mit langsamerem S5-Prozessor, ohne Always-On-Display und ohne Blutsauerstoff-Messung ist ab 291,45 Euro deutlich günstiger – und dürfte sich zu diesem Preis im Weihnachtsgeschäft prächtig verkaufen.
iPad
Das neue Standard-iPad kommt in der achten Generation weiterhin mit dem mittlerweile historisch wertvollen Home-Knopf, und mit schnellerem A12-Chip. Laut Apple läuft es damit dreimal flotter als das meistverkaufte Android-Tablet. Die Technik ist weniger spannend als der Preis. 369,40 Euro für ein Full-Size-iPad sind nach Apple-Maßstäben beinahe ein Schnäppchen.
Das neue iPad Air 4 kommt jetzt im kantigen Gehäuse des iPad Pro – aber nicht mit Face ID, sondern mit neuartigem Touch-ID-Sensor im Einschaltkopf, und erstmals mit USB-C-Anschluss. Wie praktisch es im Alltag ist, zum Identifizieren immer nach oben greifen zu müssen, werden die Tests zeigen. Apples erstes buntes iPad (cool in grün oder blau) gibt es ab 632,60 Euro. Und es läuft mit A14-Prozessor so schnell, dass wohl nur noch die wenigsten Käufer ein mindestens über 200 Euro teureres iPad Pro brauchen. Wenn wir von iTopnews jetzt ein neues iPad kaufen würden, wäre das Air 4 unsere Wahl.
Fazit
Neben Watch und iPad stellte Apple noch das Sport-Abo Fitness+ und das Abo-Paket Apple One vor, das in Deutschland in den nächsten Wochen ab 14,95 Euro monatlich startet. Und das war’s dann auch nach einer guten Stunde, die eher wie ein überlanger Werbespot wirkte. Tim Cook verabschiedete sich schlitzohrig mit dem Eigenlob: „Was für ein großartiger Tag für Ankündigungen!“ Das war schon ein bisserl geflunkert, lieber Tim! Aber wie einfallsreich und innovativ Apple tatsächlich noch ist, kann es schon in Kürze zeigen, bei der Vorstellung der voraussichtlich vier Varianten des iPhone 12.